Morgens verabschiede ich mich herzlich von den Schwestern und ich bekomme noch soviel gute Wünsche, dass mir ganz schwummrig ums Herz wird.
Der Wettergott ist auf meiner Seite und so laufe ich mit dem letzten Halleluja noch im Ohr in die Donauauen. Der Weg ist befestigt aber nicht asphaltiert und so schreite ich mit großem Schritt voran. An einem Kneippbecken ist der Bärlauch schon voll erblüht und kurz danach sehe ich die erste Schnecke, die meinen Weg kreutzt. Ich glaube, dass meine Freundin Erika mir einen Gruß sendet. Ich habe sie kennengelernt, als auch sie ihr Häuschen ( Rucksack) auf dem Rücken hatte und langsam und feinfühlig den Camino ging. Beim gemeinsamen Gehen hat sie mich ein bisschen ruhiger werden lassen. Dafür bin ich ihr sehr dankbar.
Bald sehe ich auch die Donau und die Schwäne gleiten majestätisch dahin. Der Biber hat sich wohl übernommen, denn den Stamm hat er nicht geschafft.
Die Ruhe wird plötzlich durch extremen Lärm verscheucht. Starfighter starten und ich sehe sie nicht, doch sie machen einen Höllenlärm. Im Kloster wurde mir davon berichtet.
Bald Wechsel ich die Donauseite und der Weg führt urig durch Auenlandschaft. Zarter Duft steigt aus den Blüten des Schneeballs. Am Ufer sitzen zwei Angler und unterhalten sich lautstark mit einem Angler auf der anderen Seite. Ob da die Fische beißen?
Eine Tafel erinnert an den nassen Tod im Abendrot von Edenhard hier im Wasser um 1826. Die Entenfamilien schwimmen vom Ufer weg, als ich vorbei gehe.
Ich komme nun zum Naherholungsgebiet und Schutzgebiet von Ingolstadt. Hier wird es belebter mit Joggern und Hundegängern. Ich setze mich auf eine Bank und mach mal Pause.
Danach laufen ich in Ingolstadt ein und schaue mir die Altstadt an. Leider finde ich weder in der Moritzkirche noch im Liebfrauen-Münster einen Pilgerstempel.
Und so laufe ich zur Thomas- Gemeinde über den Friedhof und finde einen mir noch unbekannte Automatenform.
Dieser Blütenrausch weht im Wind und die ersten Blüten fallen sacht.
Die Thomaskirche ist ein ziemlich moderner Bau und ich warte auf die Messnerin, die mir den Jugendraum aufschließt.
Ein kurzer Plausch und dann bin ich allein.
Ich koche mir einen Kaffee und setze mich auf den Balkon. Da sehe ich den Hausmeister wirbeln und Frage ihn nach dem Passwort für das WLAN. Ich gehe runter und er zeigt es mir im Pfarrbüro. Dafür helfe ich ihm die Bücher- Zelle aufzuräumen.
Abends bin ich früh im Bett und schlafe bei einem Podcast ziemlich schnell ein.
Morgens gibt es Kaffee und Müsli, dann schnell aufgeräumt und einen Dankesgruß in den Briefkasten.
Mit dem Bus fahre ich zur Donau und frage den Busfahrer, ob er am Bayrischen Armeemuseum anhält. Er sagt in gebrochenem Deutsch: Das weiß ich nicht. Ich fahre nur.🤣 Köstlich, ist das schon autonomes Fahren? Eine junge Frau kennt es auch nicht, also vereinfachen ich meine Frage und Frage, ob der Bus zur Donau fährt. Ja, das tut er. Super! Am Stadttheater steige ich aus und in den JW wieder ein. Über den Donausteg, der mit vielen Schlössern verziert ist, geht es auf die andere Seite.
Vorbei am Bayrischen Polizeimuseum (was es hier alles gibt) laufe ich weiter auf den Donaudamm und komme zu einem recht großen Militärgelände.
Gegenüber ist das Franziskanerwasser, das idyllisch in den Auen liegt. Im Hintergrund höre ich das Rattern von Gewehren. Sehr skurril.
Es geht ziemlich gleichmäßig an der Donau entlang und ich lasse meine Gedanken und Blicke schweifen. Hier und da sehe ich eine Pflanze, die ich noch nicht kenne.
So komme ich nach Vohburg, wo die Verbotsschilder das riesige Gaswerk ankündigen.
Warmbad Irsching...ist das auch Kühlwasser? Schon suspekt. Ich laufe nach Vohburg und bekomme in der Info einen Stempel und einen Gutschein für eine Tasse Kaffee im Stadtcafe. Na das passt. Ich gönne mir dazu ein Nusshörnchen und mache Pause.
Nur noch 7 km bis zum Ziel. Diese allerdings auf einer gut befahrenen Landstraße, doch ich suche mir kleine Umwege, um nicht unter die Räder zu kommen.
Dabei habe ich diesen idyllischen Teich entdeckt, doch zum Baden ist es zu kalt.
In einem Dorf der typische deutsche Familiengarten. !Jedem Kind sein Trampolin!
In Pförring schließt mir der Pfarrer den Gemeindesaal auf und so habe ich vor dem Regen ein trockenes Quartier.


Nachts 3 Uhr werde ich wach, weil ich Stimmen und dann Musik höre. Ich schaue aus dem Fenster und auf dem Marktplatz steht ein Auto. Okay, als es wegfährt ist die Musik immer noch zu hören. Ich bin etwas unsicher und spähe in den dunklen Hausflur. Rausgehen traue ich mir nicht, weil das Licht automatisch angeht. Über die Feuertreppe schaue ich von außen nach und tatsächlich brennt im Keller Licht. Genau da, wo der Pfarrer mir die Couch angeboten hatte. Es ist nun doch etwas unheimlich und ich packe im Dunkeln meine Sachen zusammen, ziehe mich an und als im Hausflur das Licht angeht flüchte ich nach draußen und rufe den Pfarrer an. Es tut mir leid ihn aus dem Bett zu holen, aber er nimmt es gelassen. Er sieht dass es der Keller der Landjugend ist und meint, ach dass ist bald vorbei. Er hat vergessen, dass Freitag ist und sie nach der Disco hier noch einen Absacker trinken. Er ist nur froh, dass ich nicht da unten geschlafen habe, denn dann hätte es wohl großes Geschrei gegeben. Seine Gelassenheit springt nur langsam über. Ich gehe wieder hoch und warte, bis wieder Ruhe eingekehrt.
Am nächsten Morgen lachen wir über das Erlebnis und ich verabschiede mich nach einem längeren, interessanten Gespräch.
Im Ort besorge ich mir neue Kaffeesticks und esse eine lauwarme Puddingstange aus der Hand. Eine Butterlaugenecke wandert in den Rucksack und dann hat mich der Damm wieder
Ich genieße die frische Temperatur und bin froh, dass es wieder nur Nachts geregnet hat. Mehrere Hasen hoppeln mir über den Weg und die Graugänse im Feld schnattern ganz aufgeregt.
Ich komme gut voran, bin gut gelaunt und schreite flott aus. In Neustadt an der Donau soll ich die Seite wechseln, doch ehrlich, ich weiß nicht was ich Samstag morgen 9 Uhr dort soll. Zumal das GPS mir einen zweifelhaften Weg zeigt. Ich bleibe wo ich bin und finde einen herrlichen Wiesenweg an der Donau. Der ist allerdings nass und so habe ich nasse Socken. An der Fähre ist ein schöner Rastplatz und der JW kommt hier wieder an.
Dann stimmt mal wieder der Weg nicht und ich weiche auf den Jakobsweg aus. Der geht steil einen Hohlweg hinauf und in der Kurve " klemmt" ein Traktor. Ich quetsche mich vorbei und laufe durch einen schönen Mischwald.
Ich mache Strecke und bin schon Mittags an der Fähre zum Kloster Weltenburg, was sehr kommerziell ist. Ich hole mir den Stempel und in der Kirche ist gerade eine Trauung.
Der Trouble ist mir zuviel und ich setze wieder mit der Fähre über und laufe den Steig steil bergauf. Auf 200 m kommen mir hier mehr Wanderer auf dem Weg entgegen als in den letzten 18 Wandertagen.
An einem schönen Aussichtsplatz treffe ich ein Pärchen das heute seinen Weg in Kelheim beendet. Wir reden kurz und wieder einmal werde ich auf meine Schuhe angesprochen. Langsam sollte ich einen Werbevertrag machen.

Nach einem Picknick laufe weiter und mir begegnen jede Menge Sonntagswanderer.
Ich krabbel durch eine Höhle und laufe auf Kehlheim zu. Von Ferne grüßt hoch oben die " Siegeshalle".
Ja, ich folge der Aufforderung in die Altstadt, denn ich suche die Bushaltestelle für den Bus der mich zum Quartier in 6 km Entfernung bringt.
Pustekuchen, der Bus fährt nur an Schultagen. Ich frage jemanden und der schickt mich zu einer anderen Haltestelle und dort ist das gleiche Dilemma. Ich nehme einen dritten Versuch und die nette Dame empfiehlt mir "Kexi" eine alternative App für Fahrdienste. Ich lade sie runter, kann aber nicht buchen. Also beiße ich in den sauren Apfel und laufe. Mir schmerzt mein linkes Fußgewölbe und die Kilometerzahl steigt wieder in eine Höhe, die ich eigentlich vermeiden will.
Humpelnd komme ich auf dem Campingplatz an. Die Frau die ich anspreche entpuppt sich als Schwiegertochter und ist sichtlich genervt von meiner Fragerei. Sie meint, sie hat keine Ahnung, dass macht die Schwiegermutter. Ups, Vorsicht Bruni, du bist im Minenfeld. Also ziehe ich in mein Quartier ein.
Da kommt der junge Bauer daher und fragt, ob ich denn schon bezahlt habe. Nein, gut dann erledigen wir das gleich. Er ist auch etwas wortkarg und so ziehe ich mich zurück. Da läuft mir der alte Bauer über den Weg und der ist gesprächig. Er gibt mir einen Eimer, Lappen und Wasser und so kann ich mir die Sitzgarnitur auf dem Heuboden sauber machen und meine Sachen ablegen.
Später kommt auch die Chefin, eine drahtige, schlanke 71 jährige Frau, die 10 Jahre jünger aussieht und plauscht mit mir. Auch die erzählt vom harten Leben der Kleinbauern. Damit das Geld reicht, hat sie vor 20 Jahren noch den Campingplatz aufgemacht. 3 Kinder großgezogen und von früh bis spät geackert. Nie Urlaub. Kein Wunder, dass die Kinder das Weite gesucht haben und nur der Sohn, als Erbe, etwas widerwillig zurück gekommen ist. Allerdings seine Frau...auch hier ein Minenfeld. Oh weh!
Ich bekomme noch zwei Decken für drunter und drüber. Dann setze ich mich mit Reiswaffeln (Zartbitter 🤭) und Käse auf eine Bank und esse. Ich habe vergessen mir Proviant zu kaufen, weil ich so verzweifelt den Bus gesucht habe. Dabei bin ich an den Läden vorbei gekommen. Schmalhans ist Küchenmeister.
Ich kuschel mich zeitig in mein Heubett und schlafe schnell ein.
Vorher
Ich muss sagen, es war sehr schön weich und bequem und etwas kalt. Mit langer U- Wäsche, Fleece und Wanderjacke wurde mir warm und ab und an musste ich die Nase in den Schlafsack stecken, damit sie warm bleibt. Nachts muß ich raus und ein gigantischer Sternenhimmel wölbt sich über mir, sodass ich staune bis ich bibbere.
Morgens 5:30 Uhr läuten die Glocken und ich drehe mich noch einmal um. Eine Stunde später stehe ich auf, packe, räume auf und ziehe ohne Frühstück los, denn der Rucksack gibt nix mehr her, außer Porridge und dafür bräuchte es heißes Wasser. Heute ist der Rucksack dadurch leichter.
Beim Start merke ich meine linke Plantarfaszie und ärgere mich, dass ich sie gestern so stiefmütterlich behandelt bzw. nicht behandelt habe. Sie schmerzt und ich versuche sie irgendwie zu entlasten, aber alles führt nur zu Fehlhaltungen. Es nützt nix, ich humpel mit leeren Magen in einen noch kühlen, sonnigen Sonntag.
Ich komme über Felder in den Wald und habe eine direkte Verbindung zum JW gefunden, sodass ich nicht zurück nach Kehlheim muss. Ich biege ab und komme auf den ersten Matschweg und habe gleich die Bilder vom de Northe, letztes Jahr im Kopf. Aber so schlimm ist es nicht. Ich kann vorbei gehen und bleibe nicht stecken.😉
So laufe ich und der Gesang der Vögel vermischt sich mit meinem Magenknurren. Bald komme ich nach Schneckenbach und das ist ein stilles Dorf. Kein Mensch weit und breit, geschweige denn ein Gasthof. Ich schaue auf die Karte und sehe, dass es in der Nähe, ab vom Weg, einen Campingplatz gibt. Dort rufe ich an und frage, ob es bei ihnen Frühstück gibt. Der Typ lacht und denkt ich sei ein Spaßvogel. Doch ich erkläre meine Not und da meinte er, bei ihm um die Ecke gibt es einen Gasthof, der hätte auf.
Ich laufe dahin und bin 10:01 Uhr da und siehe, Sonntags öffnet er 10 Uhr. Hurra! Ich gehe hinein und frage, ob ich ein Frühstück bekomme. Eigentlich nicht, dass wird nur gemacht, wenn Hausgäste da sind. Ich erkläre der jungen Frau meine Notlage, es muss nicht viel sein und sie geht in die Küche und fragt. Der Koch hat ja gesagt und so bekomme ich ein Sonntagsfrühstück auf der Sonnenterrasse serviert.
WC- Weißheit🫣
Nachdem ich etwas im Magen habe, kann ich eine Schmerztablette schlucken und ziehe weiter.
Zurück auf den JW geht es an einem gelb blühenden Rapsfeld vorbei und drinnen summen 1000 Bienen.
Bald wirkt die Tablette und ich laufe träumend vor mich hin. Plötzlich habe ich eine Eingebung, ob ich noch richtig bin? Ich schaue auf und tatsächlich bin ich gerade drei Schritte am Abzweig vorbei gelaufen. Die Ur- Instinkte sind wieder da: wunderbar.
Diese herrliche Eiche schiebt gerade die ersten Blätter heraus und ich staune wie winzig sie sich schon in ihre typische Form entfalten. Auch die Brombeerhecken schicken kräftige junge, grüne Triebe in die Höhe.
Nun laufe ich auf dem Jakobsweg und finde einen schönen Pilgersehen.
Kurz darauf komme ich nach Sinzing und von da sehe ich schon Regensburg in der Ferne. Allerdings beginnen jetzt die Asphaltkilometer.
Am Friedhof, auf einer Wiese pflücke ich einen Blumenstrauß für meine heutigen Gastgeber und stelle ihn ins Wasser, damit er frisch bleibt.
Ich quere die Donau und laufe nach Prüfening. Ein Reisebus wendet vor mir und ich frage, ob er in die Stadt fährt. Leider nein, er hat Pause und holt erst später seine Reisegruppe. Ein Versuch war es wert.
Ich laufe zur S-Bahn, denn heute sollen es keine 30 km oder mehr werden. Am Bahnhof spricht mich Alba, ein junges Mädel um die 17 an und fragt mich aus. Sie meint, dass würde sie nie schaffen und sich trauen.
Ich rede ihr gut zu und als wir Aussteigen meint sie ich sei inspirierend, vielleicht läuft sie doch auch mal los. Ich würde es ihr wünschen.
Vom Bahnhof laufe ich in die Stadt zum Dom, der kaum beleuchtet ist wodurch seine bunten Fenster besonders wirken.
Dann laufe ich zur Jakobskirche, denn dort gibt es den Stempel für den Pilgerausweis. Ich zünde ein Licht an, habe ich doch wieder ein Stück des JW ab Fulda und somit die ersten 500 km geschafft. Ein kleiner Zwischenerfolg.
Zurück geht es zum Busbahnhof und ich fahre mit meinem Deutschlandticket nochmals bis zu meinen Gastgebern, die etwas weiter draußen wohnen.
Ingrid und Thomas heißen mich herzlich willkommen und ich setze mich mit Kaffee und Schwarzwälder Kirschtorte zu ihnen auf die Terrasse. Wir unterhalten uns und dann bekomme ich mein Schlafsaal mit einer herrlichen Regendusche gezeigt. Eine kurze Einweisung in die Waschmaschine und dann kann ich in Ruhe ankommen, denn die Beiden haben heute Abend noch eine Verabredung.
Ich hänge die Wäsche in die letzten Sonnenstrahlen, schreibe Tagebuch und mache mir etwas zu Essen.
Das ist ein Leben!
Danke Thomas, dass du mir dieses Quartier besorgt hast. Du bist mein heutiger Weg- Engel!
Ab Morgen geht es auf den nächsten Abschnitt nach Passau.
Liebe Bruni, meine Pilgerfreundin, ich habe deine Geschichte der letzten Tage gelesen... was für ein Abenteuer belebst du doch mal wieder... ja... ich bin in Gedanken bei dir! Und du wirst bestimmt noch viele Schnecken sehen.. 😂 Ich bin immer wieder da...😜
AntwortenLöschenEs freut mich so dass du einen schönen Camino wandert, aber ganz anders wie el Norte, oder?
Und ichblese, du hast Fuß- und Knieschmerzen? Laufe nicht zuviel Kilometer ... du brauchst nicht der Hase zu sein...😉
Damit du noch lange wandern kann! Wie in Spanien liebe Bruni... BUEN CAMINO AMIGA PEREGRINA! ❤️😘🤞🐞🍀🕯
Liebe Bruni, danke für deine wunderbaren Berichte. Ich wünsche dir alles alles Gute auf deinem weiteren Wegen, bleib gesund und schmerzfrei, und viele nette Menschen.🙏🙏🙏🫂liebe Grüße von Regina
AntwortenLöschenHabt lieben Dank ihr Beiden.Ich werde versuchen dran zu bleiben und ein bissel langsamer zu Gehen.Doch es läuft, wenn es läuft und wenn nicht, gehe ich, bis es wieder läuft 😘
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