Langsam hinkt es sich weiter
Von Regensburg laufe ich von meinem Quartier nicht zurück auf den JW, sondern versuche ihn quer Beet zu erreichen. Vorbei an BMW mit seiner eigenen Kita geht es auf asphaltierter Landstraße und durch Spargel- und Erdbeerfelder.
Der Weg erinnert mich mit seinen alten Eichen und dem teilweise steinigen Untergrund an den Franziskusweg und der Duft in der Wärme ist ähnlich.
Und dann stehe ich oben vor der Walhalla und bewundere die Aussicht. Ich gehe zum Einlass und Frage nach einem Stempel. Dann nach einem Pilgerrabatt auf den Eintritt. Nein, den gibt es nicht. Aber die Dame ist neugierig geworden und fragt, wo ich gestartet bin: Fulda: Aber motorisiert? Nein, zu Fuß. Wirklich? Ja! Na, dann bekommen sie Rabatt.
So kann ich die marmornen Büsten bewundern.
Nach einer Pause laufe ich weiter. Der Weg führt nun durch einen Wald und wird abenteuerlich, denn ich muss einen Wildzaun überwinden. Ich verpasse beinahe den Ausstieg, aber mein innerer Kompass warnt mich und ich finde den Abgang.
Danach zieht sich der Weg bis nach Wörth, über Feld- und Wiesenwege. Ich pflücke Blumen für meine Gastgeber. Mein Fuß schmerzt und es werden wieder mehr Kilometer, als gedacht. Ich komme zu einer Bushaltestelle und eigentlich sollte der Bus gleich kommen, doch nachdem ich 5 Minuten umsonst gewartet habe, denke ich, ich habe ihn verpasst und laufe doch noch weiter. (10 Minuten später überholt er mich😥). So komme ich 17:20 Uhr in Wörth an. Der Messner will gerade die Kirche zusperren und als ich nach dem Stempel frage, gibt es keinen. Doch ich sehe das Pilgerlogo und eine Frau, die gerade dazu kommt, sagt, doch der liegt da. Also bekomme ich doch noch den Stempel.
Kurz darauf werde ich von Andreas abgeholt und zu seinem Haus gebracht, wo mich Beate lieb begrüßt. Beide sind Freunde von meinem Pilgerfreund Hanns. Sie tragen sich mit dem Gedanken in ihrem Haus ein Pilgerzimmer einzurichten. Ich bin der "Testballon" und rede ihnen gut zu. Nach einer heißen Dusche bekomme ich ein sehr leckeres Abendessen. Die Linsenbällchen sind so lecker und rösch, dass ich nicht aufhören kann zu essen. Wir sprechen viel über das Pilgern, denn Andreas ist schon gepilgert und Beate fragt, wie es ist mit Partner zu pilgern. Dann gehe ich dankbar und kaputt schlafen.
Am nächsten Morgen bekomme ich ein leckeres Frühstück und einen wundervolle Fürbitte und bin zu Tränen gerührt. Die Beiden sind so lieb. Dann fährt er mich zur Kirche zurück.
Ich gehe über eine Pusteblumenwiese und bewundere die filigrane Leichtigkeit der Blüten. Mit meinem Hinkefuss kann ich sie nur bedingt nachempfinden.
Der Weg geht immer an der Donau entlang und heute habe ich endlich Wiese unter den Füßen. Dort wo sie nicht gemäht ist, werden die Füße nass.
Ich mache eine Pause an einer Kirche und bekomme von einem Ehepaar, dass im Garten arbeitet, heißes Wasser für Kaffee. Ich hole meine Reiswaffeln aus dem Rucksack. Gestern waren sie geschmolzen und im Kühlschrank sind sie zusammengepappt. Zum Glück waren es nur noch drei, sonst hätte ich "Maulsperre" bekommen. Danach erfrische ich meine Füße mit einer Igelballmassage.
Auf dem Damm geht es an Nebenarmen vorbei und die Frösche liegen faul auf dem Wasser und geben ein Konzert. Der Kuckuck gibt den Backgroundchor und ich stimme mit ein. Auf dem Wasser ist viel los.
In Sossau gibt es eine schöne Wallfahrtskirche, die ich bestaune. Der heutige " Segensspruch" passt perfekt zu mir. Ich setzte mich in den Schatten, kühle meine Füße im Wasserbecken des Friedhofes und trinke die "Wasserleitung leer", bevor ich den Rest in Angriff nehme.
Ich laufe nach Straubing und komme direkt beim Drogeriemarkt an, wo ich mir Polsterringe und neues Pflaster besorge. Ich suche die Touristen- Info zwecks Stempel, doch die ist wegen Bauarbeiten geschlossen, erfahre ich in einem Geschäft. Doch der kleine Tabakladen daneben hat auch einen. Perfekt.
Der Fuß hackt die ganze Nacht und so schlafe ich etwas unruhig. Morgens bekomme ich frische Brötchen und Kaffee. Dann darf ich noch die Kirche von innen sehen. Ein Abschiedsfoto und dann geht es weiter für mich. Ich bekomme noch einen Pfarrbrief zu lesen, als Pausenlektüre.
Ich nutze mein Deutschlandticket, dass nur noch heute gilt, noch einmal aus und fahre ein Stück der Etappe mit dem Zug, damit ich unter 25 km bleibe. In Straßkirchen reibe ich mich mit Sonnencreme ein, denn es ist schön heiß und ich laufe wieder durch Spargel- und Getreidefelder zur Donau. Ein Hase sitzt und schaut, bevor er weghoppelt. Schmetterlinge gauckeln in einem Hohlweg vor meinen Füßen und ich laufe noch leichtfüßig über den weichen Boden. Über mir findet " Himmels- Geometrie" statt und der Tag ist perfekt zum Pilgern.
Bald erreiche ich die Fähre nach Mariaposching. An der Kirche mache ich die erste Pause und lese den Pfarrbrief. Die Auslegung der Bibel auf bayrisch ist hübsch. Ich hinterlassen den Brief in der Kirche, denn alles was ich nicht trage, drückt nicht.
Ich laufe ein Stück auf dem Donaudamm, der hier mit Gras besonders fußfreundlich ist, doch leider beginnt gleich eine riesige Baustelle. Der Damm wird Hochwasserschutzmäßig erneuert und aufgebuddelt. Ich muss über knochentrockene Feldwege und auf Asphaltstraßen die Umleitung nehmen und das ist die Hölle. Es ist heiß, staubig und scheint endlos.
In Kleinschwarzach brauche ich noch eine Pause. Ich suche nach einer Bank und heißem Wasser. Ersteres finde ich sofort, letzteres erst beim dritten Versuch. Ich darf mich sogar auf die Bank vor das Haus setzten und der vierbeinige Freund legt sich zu meinen Füßen. Ich atme ruhig und meditiere....das hilft. Ich bekomme noch Bärlauch geschenkt und habe somit eine deftige Brotzeit.
Gestärkt laufe ich weiter und bald kann ich auf den Damm zurück. Das Pfarramt ruft nochmals an und meint, leider seit der Pfarrer nicht gekommen und sie kann mir nicht helfen. Okay. Ich schalte die Community ein und bekomme noch andere Tipps. Doch alles was ich versuche, verläuft im Sand.
Ich pflücke wieder Blumen in der Hoffnung ein bezahlbares Bett zu finden. In Metten gehe ich nochmals zum Kloster, doch außer dem Stempel ist nichts zu machen. Der Bruder an der Pforte ist da hart.
Entmutigt ziehe ich weiter und verfolge Plan B. Ich sehe einen Bus, der nach Deggendorf fährt. Dort gibt es eine Tourist -Information, die ich telefonisch nicht erreicht habe, die aber bis 18 Uhr geöffnet hat. Ich erkläre der Dame mein Problem und sie ruft in der günstigsten Pension an, die sie in ihrem Katalog hat und schafft es noch mir 5€ Rabatt auszuhandeln. Ich bin froh zu wissen, dass ich die Füße hochlegen kann und laufe hin.
Das Zimmer ist über einem Friseursalon und hat sogar eine Terrasse. Barzahlung ist Pflicht und die Frau freut sich über meinen Blumenstrauß. Kaum bin ich drin ruft nochmals das Pfarramt an. Sie würde mir jetzt das ehemalige Pfarramt in Metten zum Übernachten aufschließen können. Wie lieb, doch jetzt bin ich schon untergekommen. Ich Danke und denke meine Lektion für heute: Hab mehr Geduld! Mal sehen, ob ich das schaffe.
Das was ich von Deggendorf sehe, gefällt mir gut und im Hintergrund ist der bayrische Wald. Hier könnte ich leben.
Ich esse mein Brötchen auf der Terrasse. Die Sonne hat meinen Käse schmelzen lassen, sodass ich ein dickes Sandwich habe.
Ich lege die Füße hoch und nehme mir vor auszuschlafen, denn ich muss nicht so zeitig das Zimmer räumen und die morgige Etappe ist durch die Busfahrt schon mal 6 km kürzer. Ich hoffe die Baustelle ist hier zu Ende, denn es geht auf dem Damm weiter.
Nachdem der Zug die halbe Nacht durch das Zimmer gerollt ist, schlafe ich doch noch ein und werde kurz vor acht wach. Ich setze mich zum Frühstück auf die Terrasse, dann packe ich, ziehe die Tür zu und wie sie zu ist, merke ich, dass ich leere Hände habe. Meine Stecken habe ich vergessen. Mist. Schnell google ich die Telefonnummer und rufe an. Zum Glück ist die Vermieterin schon wach und wohnt direkt gegenüber. Ich bedanke mich und laufe los.
Auf dem Radweg geht es ins Hafengelände und dann zwischen Bahn und Autobahn auf dem Asphaltband des Donauradweges in einen sonnigen Feiertag. Ich humpel langsam vor mich hin und setze den Fuß leicht auf.
Sobald ein Durchgang unter der Autobahn kommt, verlasse ich den Radweg und laufe auf einen schönen Wiesenweg direkt an der stark befahrenen Autobahn entlang. Der Blick auf die Donau und der weiche Boden lassen mich wieder fröhlicher in den Tag blicken.
Nach 5 km ist heute die erste Pause am Griesweiher. Ich setze mich in die Wiese, ziehe die Schuhe aus, esse ein zweites Frühstück und lese ein bisschen. Immer mehr Leute kommen mit Sonnenschirm, Campingmöbeln und Grill und verteilen sich am Ufer. Eine ukrainische Großfamilie lässt sich unweit nieder und es werde riesige Fleischspieße aufgelegt
Nach einer Stunde ziehe ich die Schuhe an und laufe bis zur Fähre von Niederalteich, was heute mein Ziel ist. Auf Grund des Bustransfers ist es eine wirklich kurze Etappe. Ich setze mich unter eine Weide und schaue dem Betrieb zu. Radler erobern das andere Ufer und alle scheinen heute unterwegs zu sein.
Ich laufe zur Klosterkirchen, die riesig, Barock und goldig ist. Mein Segensspruch passt wieder perfekt und ich verweile in Ruhe.
Dann laufe ich zum Gästehaus, doch die Pforte ist nicht besetzt. Drinnen sehe ich, dass hier auch ukrainische Flüchtlinge untergebracht sind.
Ich laufe zum Kloster selbst. Auch hier stehen alle Türen offen und der Besucher wird an das Haustelefon verwiesen. Ich versuche mein Glück erfolglos.
An der St. Nikolauskirche malt eine Restauratorin, doch auf meinen Gruß reagiert sie nicht. Ich schaue ein bisschen zu und versuche dann nochmals mein Glück an den leeren Pforten.
Ich setze mich an einen Stein zum Pilgerweg "Via Nova", der hier auch verläuft und versuche einen Plan B zu entwickeln. Ein junger Mann kommt vom gegenüberliegenden Haus auf mich zu und fragt, ob ich Hilfe brauche. Ich sage, dass ich ein Bett suche. Er meint es gibt im Ort ein paar Pensionen. Ja, da werde ich jetzt anrufen. Er fragt, ob ich irgendwas möchte, vielleicht einen Kaffee. Oh ja, sehr gerne. Er geht Kaffee kochen und ich rufe in der ersten Pension an, die ist voll. Dann kommt der Kaffee und ich erzähle vom Dilemma. Er erzählt, dass er letztes Jahr in Portugal gepilgert ist und so entwickelt sich ein sehr nettes Gespräch, an dessen Ende er meint, ich könne bei ihm schlafen, aber er hat heute Abend seine zwei Kinder und da wäre es lebhaft. Ich sage, dass mich das nicht stört, im Gegenteil. Na dann, okay. Schwuppdiwupp, ich bin untergekommen und habe eine wirklich schöne Unterhaltung mit ihm auf der Bank vor seiner Wohnung. Das Geschenk des Tages habe ich gerade empfangen.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen